Michael Kimmelman: „Alles für die Kunst“
Am: | September 24, 2009
Kunst ist die zweitschönste Nebensache des Lebens. Kunst bereichert unser Leben und ist als integraler Bestandteil unserer Kultur gleichzeitig Ausdruck der Kreativität und Konsumprodukt. Was aber geschieht, wenn Kunst entsteht? Wer entscheidet darüber, was Kunst ist und was nicht? – Frage, die immer wieder gestellt und nur selten beantwortet werden.
Michael Kimmelman ist geboren in New York City und studierte in Yale und Harvard. Heute gilt er als einer der renommiertesten Kunstkritiker der Welt und leitet das Kunstressort der New York Times.
„Alles für die Kunst“ ist ein langer und sehr schön geschriebener Essay über Künstler und Kunst, über den Entstehungsprozess und die kreative Atmosphäre, die am Ort der Kreation herrscht. Aufgeteilt in zehn Episoden begleiten wir den Autor zu Atelierbesuchen und lernen mit ihm bekannte und unbekannte zeitgenössische Künstler kennen.
Nicht selten fühlt man sich während der Lektüre an John Bergers brillante Essays zur zeitgenössischen Kunst erinnert. Kimmelman gehört zu den wenigen Kunstkritikern, denen es gelingt, auch feinste Stimmungen genau zu beschreiben und mit wenigen Worten selbst komplexen Zusammenhängen ihren Schleier weg zu ziehen.
Seine Essays sind so detailgenau und atmosphärisch geschrieben, dass der Leser den Eindruck hat, wirklich direkt dabei zu sein. Wir lernen Kimmelmans Sicht auf den Künstler kennen, sehen neue Zusammenhänge und begreifen, wie der Schöpfungsprozess oft ein schrittweises Pulsieren, dann Hervorbrechen und wieder ein Abebben der Kreativität ist – ein langer, stetig sich voran wälzender Fluss des kreativen Schaffens.
„Die Kunst eine Welt zu erschaffen“ ist der Einstieg Kimmelmans in seinen langen Essay. Es folgen Einzeldarstellungen und Exkurse in verschiedene Richtungen: „Die Kunst, Glühbirnen zu sammeln, seine Zeit zu maximieren oder sich zu finden, wenn man sich verirrt hat“. Immer dreht es sich um die Kunst, die Szene der Künstler, ihrer Orte und Werke.
All die hier vorgestellten Menschen verbindet vor allem eines: ihre leidenschaftliche Auseinandersetzung mit Kunst. Weltberühmte Künstler wie Pierre Bonnard und Matthew Barney kommen hier ebenso zu Wort und werden vom Autor liebevoll vorgestellt. Aber auch weniger bekannte Künstler wie Jay DeFeo oder Michael Heizer, die im wahrsten Sinne „alles für die Kunst“ gaben; die eine ernährte sich jahrelang nur von Brandy und Zigaretten, um ihr Gemälde fertig zu stellen; der andere lebte die meiste Zeit seines Lebens in der menschenfeindlichen Wüste von Nevada, um dort seine überdimensionalen Skulpturen herstellen zu können.
Vor allem aber erzählt Kimmelman von ambitionierten Amateuren, die für ihre Kunst alles geben, auch wenn ihre Werke in keinem Museum zu finden sind. So geht es auch zum Beispiel Bob Ross, dem Millionen von Fernsehzuschauer bei seiner Sendung „The Joy of Painting“ beim Malen über die Schulter schauen und der durch seine ruhige Art schon viele Zuschauer dazu verleitet hat, auch selbst zum Pinsel zu greifen.
„Alles für die Kunst“ ist hervorragend und leicht verständlich geschrieben, so dass es nicht nur für ausgewiesene Kunstexperten sondern gerade für den kunstinteressierten Laien eine lohnende Lektüre sein wird.
Autor: Michael Kimmelman
Titel: „Alles für die Kunst“
Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
Verlag: Berlin Verlag
ISBN-10: 3827008441
ISBN-13: 978-3827008442
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