Frank-Walter Steinmeier: „Mein Deutschland – Wofür ich stehe“
Am: | Juni 29, 2009
„Wenn in der Krise eine Hoffnung liegt, dann die, dass wir nach den Jahren des blinden Marktvertrauens zur Besinnung kommen, dass Verantwortung und Vernunft in das Handeln der Akteure zurückkehren, dass es gelingt, die Kräfte des Gemeinsinns zu stärken und den Zerfall von Gesellschaft in egoistische Einzelgruppen aufzuhalten.“
Frank-Walter Steinmeier im Februar 2009
Frank-Walter Steinmeier ist der Kanzlerkandidat der SPD für die Bundestagswahlen 2009. In seinem neuen Buch „Mein Deutschland“ erzählt er von seiner Herkunft aus einfachen Verhältnissen, lässt entscheidende Wendepunkte seiner politischen Bewusstwerdung Revue passieren und bezieht Position zu den entscheidenden Herausforderungen im Prozess der Modernisierung Deutschlands.
Steinmeiers Schreibweise ist flüssig, und das Buch liest sich über lange Strecken wie eine stille Unterhaltung mit dem Leser. Steinmeier erzählt aus seinem Leben, gibt manches private Detail preis und wirkt dabei immer offen und ehrlich. Sehr angenehm fällt auf, dass Steinmeier gänzlich auf Parteischelten gegenüber der Opposition und auf ein vielleicht zu erwartendes Merkel-Bashing verzichtet. Das zeugt von Stil und Professionalität.
Das Ansehen von Politikern, Managern und Bankern befindet sich seit Jahren im freien Fall, und dieser Vertrauensverlust hat durch die aktuelle Finanzkrise eher noch an Fahrt zugenommen. Steinmeier, derzeit Außenminister der Bundesrepublik, ist sich der allgemeinen Politikmüdigkeit im Lande sehr bewusst:
„Auch staatliche Einrichtungen, wenn sie funktionieren sollen, benötigen den Rohstoff Vertrauen. Das Verhältnis zwischen Bürgern und Staat ist nur dann gut, wenn die Bürger davon ausgehen können, dass die Zuständigen sich regelgerecht und dem Geist ihrer Institution entsprechend verhalten (…) Versteckte Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten sind für den Bundestag schädlich, weil sie das Vertrauen in das Parlament aushöhlen. Das schlechte Image von Spitzenmanager schwächt nicht nur die Unternehmen, sondern untergräbt das Vertrauen in die Fairness der Marktwirtschaft.“
Wer ist dieser Mann, den wir zurzeit als deutschen Außenminister in aller Welt im Einsatz sehen? Welche Standpunkte vertritt er? Wie sähe eine neue Bundesregierung unter seiner Führung aus?
Frank-Walter Steinmeier ist Jahrgang 1956, war Stones-Fan, hörte später die Doors, Velvet Underground, Kraftwerk und Ton Steine Scherben; er spielte als Junge begeistert Fußball, bis er sich mehr für Mädchen interessierte.
Eine bundesrepublikanische Kindheit in den 1960er Jahren, und in den Jugendjahren konnte er schon die ersten Früchte der Reformbemühungen der 68er-Bewegung genießen. Steinmeier bezeichnet sich in seinem Buch selbst als einen „Post-68er“, dessen eigener beruflicher Werdegang ohne die sozialdemokratischen Reformimpulse undenkbar gewesen wäre.
Der persönliche Erzählton Steinmeiers offenbart nicht nur den Menschen hinter dem öffentlichen Amt. Es lässt den Leser auch verstehen, welche Motivation Steinmeiers politisches Handeln antreibt. Politisches Handeln erwächst immer aus einer Wechselwirkung von individueller Biografie und den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.
Aus diesem Grunde ist die Lektüre auch besonders für den unpolitischen Leser geeignet, weil Steinmeiers Buch verdeutlicht, dass eigenes Leben und Politik keine voneinander getrennte Welten, sondern vielmehr untrennbar miteinander verbunden und sich gegenseitig beeinflussend sind.
Alle politisch Interessierten werden in Frank-Walter Steinmeiers Buch “Mein Deutschland“ einen Spitzenpolitiker von seiner persönlichen Seite kennen lernen und auf unterhaltsame Weise sowohl einen Überblick über seine politischen Grundsätze als auch einen Ausblick auf seine programmatischen Ansätze zur Gestaltung der Modernisierung Deutschlands bekommen.
Fazit: sehr lesenswert.
Autor: Frank-Walter Steinmeier
Titel: „Mein Deutschland“
Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: C. Bertelsmann Verlag
ISBN: 3570011143
EAN: 978-3570011140
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