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Ralf Georg Bogner (Hg.): „Deutsche Literatur auf einen Blick – 400 Werke aus 1200 Jahren“

Am: | März 20, 2010

„Kindlers Literaturlexikon“ ist seit vielen Jahrzehnten der Standard unter den deutschen literaturwissenschaftlichen Lexika. Im „Kindler“ findet man wirklich alles zur deutschen Literatur von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Der Kindler hat nur einen kleinen Nachteil: In seiner jeweils aktuelle Ausgabe ist er für den Normalsterblichen, der sich nicht professionell und von Berufs wegen mit Literatur beschäftigt, nahezu unbezahlbar – immerhin schlappe 2.400 Euro für die Printausgabe. Also muss man nach Alternativen suchen.

Eine schöne Alternative ist das bereits 2009 im Primus-Verlag erschienene Lexikon „Deutsche Literatur auf einen Blick“. Es gibt dem Leser einen kompakten Überblick über die Geschichte der deutschen Literatur vom 8. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Aber reichen die im Untertitel genannten 400 Werke wirklich aus, um einen repräsentativen Querschnitt durch die deutsche bzw. deutschsprachige Literaturgeschichte zu erhalten?

Die Antwort ist eindeutig: „Jein“. Natürlich erhält der Leser eine gute Übersicht über die wichtigsten Werke jeder literarischen Epoche. Die vorgestellten Werke sind chronologisch geordnet und lassen sich dank des sehr gut strukturierten Registers im Anhang schnell finden.

Zu jedem Werk gibt es schematisierte Informationen zur Überlieferung, dem Inhalt und Aufbau des Werkes, seiner Einordnung in den Gattungs- und Epochen-Kontext sowie zur Rezeptionsgeschichte und Auflage des besprochenen Textes. Wünschenswert wäre vielleicht noch eine kurze biographische Notiz zum jeweiligen Autor, die die Einordnung des Werkes in den biographischen Kontext erleichterte.

Was dieses Buch leistet, ist beachtlich. Es gibt dem Leser und Suchenden einen kurzen und knappen Einstieg in die wichtigsten Werke des „Kanons der deutschen Literatur“, als den man die subjektive Auswahl recht großspurig bezeichnet.

Der Herausgeber Ralf Georg Bogner ist immerhin Inhaber des Lehrstuhls für Neuere deutsche Philologie und Literatur an der Universität des Saarlandes. Ihm darf man also eine gewisse, über den rein subjektiven Geschmack hinaus gehende Objektivität zutrauen, die seinen Kanon zu einem repräsentativen Abbild der deutschen Literaturgeschichte machen.

Was dieses Buch jedoch nicht leistet, vielleicht gar nicht leisten will, ist eine Anstiftung zum Lesen. Wie für ein Lexikon der Schriftkultur üblich, bleibt das Layout seltsam unmodern trocken. Der von allen Illustrationen befreite und nur aufs Nötige reduzierte Satzspiegel lädt kaum zur längeren Lektüre ein, und so bleibt „Deutsche Literatur auf einen Blick“ ein Nachschlagewerk, in das man zwar gerne, häufig und auch Gewinn bringend einen Blick werfen kann, bei dem man jedoch kaum in akzidentelles Schmökern geraten wird.

Dennoch kann man allen Leseratten und Freunde der deutschen Literatur dieses Nachschlagewerk bedenkenlos empfehlen. Es gibt dem Leser in der Tat einen guten und fachlich fundierten Überblick über 400 Werke der deutschen Literatur von den Merseburger Zaubersprüchen bis zu Bernhard Schlinks Bestseller „Der Vorleser“ (von 1995). Alles, was danach kam und wesentlich ist für die deutsche Literaturgeschichte, muss man schon selbst lesen…

Autor: Ralf Georg Bogner (Hg.)
Titel: “Deutsche Literatur auf einen Blick – 400 Werke aus 1200 Jahren”
Gebundene Ausgabe: 384 Seiten
Verlag: Primus Verlag
ISBN-10: 3896786636
ISBN-13: 978-3896786630

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