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Rezensionen von Büchern aus den Kultur- und Geisteswissenschaften

Thomas Darnstädt: „Der globale Polizeistaat“

Am: | Juli 1, 2009

Thomas Darnstädt: "Der globale Polizeistaat - Terrorangst, Sicherheitswahn und das Ende unserer Freiheiten"Mit Thomas Darnstädt taucht der Leser in eine fremde Welt ein. Es ist eine Schattenwelt, die parallel zu seiner eigenen existiert; es ist die Welt der Überwachungskameras, der Luftabwehr, der Anti-Terror-Einheiten und Polizei-Einsatztruppen, die Welt der biometrischen Datenerfassung, Rasterfahndung und Vorrats-Datenspeicherung.

In vier Untersuchungen legt dieses Buch dar, welche Herausforderungen die terroristische Bedrohung an die Staatenwelt und ihre Rechtsordnungen stellt; wie Amerika und Deutschland bislang versucht haben, diese Herausforderungen mit ihrem Recht zu begegnen; wie die Staaten versuchen, das Völkerrecht und insbesondere das Kriegsrecht für ein gemeinsames Vorgehen gegen Terroristen umzubauen; welche Konsequenzen und Möglichkeiten sich für ein geordnetes nationales und internationales Vorgehen gegen die terroristische Bedrohung abzeichnen.

Thomas Darnstädt zeigt an konkreten Beispielen, wie der Krieg gegen den Terror jeden Tag aufs Neue geführt wird, obwohl man im normalen Leben kaum etwas davon mitbekommt. Es ist ein Kampf gegen unsichtbare Kräfte, ein Schattenboxen, ein Krieg gegen das Böse, nicht zuletzt ein verzweifelter, technokratischer Kampf gegen die eigene Angst vor dem Terror.

Auf internationalen Konferenzen, in vertraulichen Zirkeln europäischer und amerikanischer Sicherheitsexperten werden Pläne für einen Weltpolizeistaat geschmiedet, der sich über Recht und Gesetze der einzelnen Staaten stellt. Auch namhafte deutsche Juristen setzen sich für ein Recht der „Dritten Spur“ ein, bei dem eine Mischung aus Kriegsrecht und Verfassungsrecht gelten soll: ein brisanter Mix, der den freiheitlichen Rechtstaat und mit ihm auch die Bürgerrechte in Gefahr bringt.

Darnstädt ist promovierter Jurist und seit 1984 Redakteur beim Hamburger SPIEGEL. Sein Buch liest sich erwartungsgemäß eher wie eine packende Reportage als wie eine juristische Abhandlung über die deutsche und internationale Sicherheitspolitik. Die Stärke des Autors liegt in seiner quellenreichen und aktuellen Berichterstattung.

Der Kampf gegen den Terror führt Polizei, Militär und Geheimdienste immer öfter ins rechtliche Niemandsland. Völker- und Staatsrechtler, die westliche Regierungen beraten, arbeiten am Modell eines globalen Polizeistaates, in dem die Bürgerrechte bei Bedarf eingeschränkt und für so genannte Risikobürger Internierungslager eingerichtet werden könnten. – Ein Guantanamo auf deutschem Boden und für die eigenen Bürger wäre somit eine denkbare Option im Kampf gegen den Terror.

Dieses Buch soll aufrütteln und wird hoffentlich die öffentliche Diskussion über die Sicherheits-Aufgaben des Rechtstaates und seine gleichzeitige Verpflichtung zur Wahrung von Freiheits- und Persönlichkeitsrechten seiner Bürger weiter anheizen.

Wir leben in einer Zeit des Generalverdachts. Wer seinen Bürgern a priori ein gewisses Risikopotenzial zubilligt, hat Angst. Und Angst ist der schlechteste aller Ratgeber. Angst könnte durch eine öffentliche Diskussion des Themas „Innere Sicherheit“ beseitigt werden.

Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble hat mehrfach betont, es gebe für die Probleme, vor die uns weltweit agierende Terrornetzwerke stellen, keine einfache Lösung – wichtig sei ihm, „dass eine öffentliche Diskussion darüber beginnt“. Hierfür bietet Thomas Darnstädts Buch „Der globale Polizeistaat“ eine ausgezeichnete Diskussionsgrundlage.

 

Autor: Thomas Darnstädt
Titel: „Der globale Polizeistaat“
Gebundene Ausgabe: 280 Seiten
Verlag: Dva
ISBN: 3421044031
EAN: 978-3421044037

 

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