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Rezensionen von Büchern aus den Kultur- und Geisteswissenschaften

Axel Hacke: „Wozu wir da sind – Walter Wemuts Handreichungen für ein gelungenes Leben“

Am: | November 25, 2020

Es gibt Autoren und Bücher, auf die man sich einlassen muss, um einen echten Nutzen aus ihnen ziehen zu können. Axel Hacke gehört — zumindest für mich — dazu. Während ich eines seiner letzten Bücher (vielleicht zu Unrecht?) schon bald wieder zur Seite und dann auch recht unversöhnlich rezensiert hatte, habe ich mir bei diesem neuen Titel — „Wozu wir da sind“ — länger Zeit genommen und das ganze Buch von vorne bis hinten gelesen.

Warum betone ich diese eigentlich selbstverständliche Herangehensweise in diesem Fall besonders? — Weil dieses Buch das Zeug dazu hat, den Leser anzurühren, ihn in der Mitte seines Lebens abzuholen und mit ihm in einen imaginären Dialog zu treten. Doch worum geht es eigentlich?

Es sind „Handreichungen für ein gelungenes Leben“, die uns Walter Wemut, das Alter Ego des Autors, serviert. Der Mann kennt sich aus, wenn es um die Einschätzung eines Lebenslaufes geht, denn er schreibt seit Jahrzehnten Nachrufe in einer Zeitung. Die Frage nach dem gelungenen Leben gehört jedoch nicht nur zu seiner täglichen Arbeit, sondern sie beschäftigt ihn mit zunehmendem Alter auch ganz persönlich.

Genau hier treffen wir nun auf den Autor selbst: Axel Hacke ist einundsechzig, und in dieser Lebensphase ist die Frage nach Gelingen oder Scheitern des eigenen Lebens ganz natürlich. — Ich weiß, wovon ich rede, denn ich werde demnächst neunundfünfzig, befinde mich also in derselben Altersgruppe wie Hacke.

Anlass für diese Introspektion des Autors, so suggeriert der Klappentext, sei die bevorstehende Rede zum Achtzigsten Geburtstag einer alten Freundin. Walter Wemut ist zwar ein Profi in Sachen Nachruf, die „Toten der Woche“ werden seit vielen Jahren von ihm bestens betreut; doch das lange Leben einer achtzigjährigen Freundin in einer Geburtstagsrede zuammenzufassen, das stellt für ihn eine ganz andere Herausforderung dar.

Also lässt Axel Hacke seine Gedanken schweifen, erzählt Geschichten von Freunden und Verstorbenen, kommt in seinem stillen Gespräch mit dem Leser, der durchweg dialogisch und nicht monologisch gestaltet ist, vom Hölzchen aufs Stöckchen, schweift ab, verliert sich, findet den Faden wieder, kommt  zurück auf das zentrale Thema: die Frage nach dem gelungenen Leben.

Schon die alten Griechen — natürlich sind sie die Ersten, die sich mit dieser Frage ausführlich beschäftigt und sich eben auch und gerade in philosophischen Gesprächen gemeinsam darüber den Kopf zerbrochen haben. Was macht ein gelungenes Leben aus? Kann man überhaupt von außen über das Leben eines Menschen urteilen und es als „gelungen“ bezeichnen?! Muss nicht letztlich jeder für sich ganz allein überlegen, ob sein Leben gelungen ist — und gelungen war an seinem Ende?

Es sind die ganz großen Fragen an das Leben und an sich selbst, die hier in leichter und unterhaltsamer Form diskutiert werden. Es ist ein berührendes Buch, und es passt perfekt in unsere Zeit, ins Jahr 2020 mit seinen Lockdowns, und es passt perfekt in unsere (vorübergehend?) stillere Zeit mit dem erforderlichen Rückzug der meisten von uns ins Private, mit den anstehenden Wintermonaten (…)

Lesen Sie dieses Buch von Axel Hacke und lassen Sie sich ein auf seinen entspannten und unaufgeregten Ton! Sie werden ein Gespräch mit einem guten Freund führen über die ganz großen Fragen des Lebens. Es ist gut möglich, dass Sie während der Lektüre und nach diesem langen Gespräch zu Erkenntnissen über Ihr eigenes Leben gelangen, welche Ihnen in der Hektik des Alltags bislang verschlossen geblieben sind. — Was könnte man mehr von einem guten Buch erwarten als das?!

 

 

Autor: Axel Hacke
Titel: „Wozu wir da sind – Walter Wemuts Handreichungen für ein gelungenes Leben“
Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
Verlag: Kunstmann
ISBN-10: 3956143132
ISBN-13: 978-3956143137

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