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Stefan Gronert: „Die Düsseldorfer Photoschule“

Am: | August 31, 2017

Bernd und Hilla Becher, Laurenz Berges, Elger Esser, Andreas Gursky, Candida Höfer, Axel Hütte, Simone Nieweg, Thomas Ruff, Jörg Sasse, Thomas Struth, Petra Wunderlich: Wer sich nur ein wenig mit der zeitgenössischen Fotografie auskennt, wird viele dieser Namen kennen.

Was die oben Genannten eint, ist ihre Zugehörigkeit zu jener Kunstrichtung der Düsseldorfer Photoschule, deren weltweite Ausstrahlung bis heute anhält. Unter diesem Namen fasst man alle Künstler zusammen, die aus der berühmten Klasse von Bernd Becher an der Düsseldorfer Kunstakademie hervorgegangen sind.

Das Ehepaar Becher hat mit seinen großformatigen Aufnahmen von Industriebauten, Gruben und Meilern, Zechen und Silos, die Dokumentarphotographie erneuert. Ihre Fotoserien in Schwarzweiß sind weit über die Grenzen der Kunstszene hinaus bekannt geworden und waren zurzeit ihrer Entstehung sowohl einzigartig als auch stilbildend. An der Kunstakademie Düsseldorf hatte Bernd Becher 1976 eine Professur für Fotografie übernommen. In seinen Klassen unterrichtete er zusammen mit seiner Frau Hilla viele Schüler, die später selbst zu berühmten Fotografen wurden, viele von ihnen mit einem Stil, der sich in der einen oder anderen Art an der „Becher-Schule“ orientierte oder auch bewusst von ihr absetzte.

Die hier versammelten Portfolios zeigen die bunte Vielfalt der Talente und das breite stilistische Spektrum der Düsseldorfer Photoschule. Gleichwohl ist man in der Lage, gewisse Konstanten zu identifizieren, die allen Künstlern gemein ist. So strahlen nahezu alle Fotografien, die in diesem Standardwerk abgebildet sind, eine Klarheit und Brillanz aus, die nicht allein auf ihre technische Perfektion zurückzuführen sind, sondern auch kompositorische und konzeptionelle Ursachen haben.

Der vorliegende umfangreiche Bildband in der Herausgabe von Stefan Gronert (erschienen bei Schirmer/Mosel), ist nun in einer überarbeiteten Neuauflage erschienen. Die Düsseldorfer Photoschule wird hierin über den langen Zeitraum von 1961 – 2008 vorgestellt und erkundet das ästhetische Phänomen in seiner gesamten Breite und Tiefe. Über 163 ganzseitige Tafeln und 332 Abbildungen geben einen sehr umfassenden und anschaulichen Einblick in die unterschiedlichen fotografischen Entwicklungen der ehemaligen Becher-Schüler.

Stefan Gronert ist promovierter Kunsthistoriker und seit 2016 Kurator für Photographie und Malerei am Sprengel-Museum in Hannover. Viele der hier vorgestellten Künstler kennt er persönlich. In seiner Einleitung erläutert er die konzeptionellen und fotografischen Strategien der einzelnen Künstler und bietet auf diese Weise auch dem neuen Leser einen guten Einstieg in die besondere Ästhetik der Düsseldorfer Photoschule.

Die von Bernd Becher vorangetriebene Erneuerung der Dokumentarfotografie sowie die von seinen Schülern mit ihren je eigenen Handschriften weitergeführten Entwicklungen der zeitgenössischen Fotografie werden in diesem beeindruckenden Bildband mit dem von dem Verleger Lothar Schirmer stammenden Titel „Die Düsseldorfer Photoschule“ zusammen präsentiert und zeigen sehr plastisch die engen konzeptuellen und gestalterischen Verbindungen zwischen Lehrern und Schülern.

In seiner Einleitung beschreibt Stefan Gronert nicht nur die Geschichte der Becher-Klasse an der Kunstakademie Düsseldorf, sondern geht auch ausführlich auf die künstlerische Motivation von Bernd und Hilla Becher ein, die konstitutiv für ihren Unterricht war. Im weiteren Text werden exemplarisch die Motivationen und Konzepte in den Werken von Candida Höfer, Axel Hütte, Thomas Struth, Elger Esser, Andreas Gursky und einigen weiteren Künstlern erläutert.

Gerade auch das Format und die Größe der Abzüge sind charakteristisch für Werke der Düsseldorfer Photoschule, in der Mehrheit handelt es sich um sogenannte „big prints“. Daher widmet sich Stefan Gronert auch in einem kleinen Exkurs diesem charakteristischen Merkmal.

Den Hauptteil des Bildbandes machen selbstverständlich die Fotos selbst aus: Auf 226 Seiten finden wir Reproduktion der fotografischen Werke der hier versammelten Künstler in bester Qualität und mit allen nötigen Bildangaben. Im Anhang finden sich Biographien, Ausstellungen und Bibliographien sowie die obligatorischen Bildnachweise für alle Abbildungen im Buch.

„Die Düsseldorfer Photoschule“ bleibt auch in dieser neuen und überarbeiteten Auflage von 2017 ganz ohne Frage das Standardwerk über diese deutsche Fotografen-Schule, deren Künstler die Fotografie der Gegenwart maßgeblich mitgestalten.

 

 

Autor: Stefan Gronert
Titel: „Die Düsseldorfer Photoschule“
Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: Schirmer Mosel
ISBN-10: 3829608039
ISBN-13: 978-3829608039

 

 

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