Peter Bubmann, Bernhard Sill (Hg.): „Christliche Lebenskunst“
Am: | November 15, 2009
Wie sollen wir leben? Was ist der Sinn unseres Daseins? Kann man eine christliche Lebenskunst erlernen? Und falls ja, wie sehen die konkreten Schritte aus, die mich zum Ziel eines besseren, glücklicheren Lebens führen?
Die beiden Theologie-Professoren Peter Bubmann (evangelisch) und Bernhard Sill (katholisch) haben ihre Kollegen aus anderen Fakultäten gebeten, Beiträge zu den unterschiedlichen Aspekten einer „Christlichen Lebenskunst“ zu schreiben. Das Ergebnis ist jetzt im Verlag Friedrich Pustet erschienen.
In 40 Kapiteln werden alle Bereiche des Lebens gestreift; der Aufbau der einzelnen Schritte in ein glücklicheres und bewussteres Leben verläuft von innen nach außen und beginnt bei den menschlichen Sinneswahrnehmungen. Zunächst sollen die eigenen Sinne geschärft werden: hören und zuhören, sehen und erkennen, spüren und berühren, schmecken und riechen, fühlen und staunen. Wenn die Sinne für die Wahrnehmung der Welt geschärft sind, soll der Leser den nächsten Schritt vollziehen und seinem Leben Form und Ausdruck verleihen.
Die Art und Weise, wie wir essen und trinken, wie wir leben und wohnen, wie wir mit der Umwelt in Kontakt treten oder uns bewusst zurückziehen – all dies hat unmittelbaren Einfluss auf unsere Lebensweise und ist Ausdruck unserer Einstellung zum Leben.
Leben kann man nicht allein, es gibt immer ein Gegenüber. Und so ist der nächste Abschnitt dem Miteinander gewidmet. Da es sich um ein Buch handelt, das sich an Christen wendet, ist der Bezug zur Gemeinde und zum Gemeindeleben selbstverständlich. Die „christliche Gemeinschaft“ ist ein vieldeutiger Begriff, der nicht nur das große Ganze (die Gemeinschaft der Christen in der Welt), sondern auch das Zusammensein mit den Glaubensgeschwistern sowie die Feuer der Eucharistie bzw. des Abendmahls einschließt.
Wenn wir oben vom bewussten und glücklichen Leben sprachen, so sind diese beiden Wörter synonym zu verstehen: Wenn ich mein Dasein bewusster wahrnehme und gestalte, so bin ich glücklich. Und wenn ich Glück empfinde, so nehme ich alles um mich herum sowie mich selbst viel bewusster wahr.
Die folgenden Abschnitte dieses zum Nachdenken anregenden Buches betreffen die Wechselfälle des Lebens. Glück ist niemals ein dauerhafter Zustand, doch der an Christus Glaubende kann die Wechselbäder des Lebens viel leichter aushalten als jemand, der seine ganze Hoffnung an das Hier und Jetzt klammert.
Entscheidend ist der Glaube, der dem gesamten Leben eine Richtung und ein klares Ziel gibt. Das bewusste Leben mit Gott führt automatisch zum Wunsch nach einem Leben in Gott. Die spirituelle Durchdringung des eigenen Lebensstils ist Thema des letzten Abschnittes des 380 Seiten starken Buches.
Die Beiträge sind überwiegend von Theologen geschrieben, nehmen oft Bibelstellen und andere christliche Texte zum Anlass, um ausführlich auf die Lebensführung eines Christenmenschen zu sprechen zu kommen. Der Leser wird bei der Lektüre durchaus gefordert. Wie bei einem solchen Reader nicht anders möglich, sind die Schreibstile der einzelnen Autoren verschieden und verlangen vom Leser eine stetig neue Konzentration auf den Text. Man kann die einzelnen Abschnitte aber auch separat lesen, ohne den Sinn des ganzen Buches aus den Augen zu verlieren.
Zusammen fassend kann dieses Buch zur christlichen Lebenskunst den nach einer Anleitung fürs eigene Leben Suchenden durchaus einige gute und wichtige Impulse geben, die eine weitere Lektüre zu vertiefen vermag. Hierfür geben die Herausgeber dem Leser im Anhang sowohl Literaturempfehlungen zu den einzelnen Kapiteln als auch eine „Kleine Bibliographie zur Lebenskunst“ an die Hand, mit der er sich schlapp lesen könnte, ohne sein Leben zu ändern. – Dies wäre jedoch der eigentliche Sinn des ganzen Buches: den Leser darin zu bestärken, dass eine christliche Lebensführung auch in einer säkularisierten Gesellschaft nicht nur möglich sondern sogar glücklich machend ist.
Dieses Ziel wird das Buch nicht bei allen Lesern erreichen. Denn die Texte bleiben zu oft im Theoretischen und wirken häufig seltsam distanziert. Das liegt vielleicht an dem objektivierenden und eher deskriptiven Schreibstil der meisten Autoren. Es wird beschrieben, wie „man“ die Sinne schärft, das Miteinander lebt und mit den Wechselfällen des Lebens umgeht. Jedoch wird der Leser nie direkt angesprochen: „Nimm Dein Leben in die Hand, geh’ auf Deine Gemeinde zu, hilf’ den Hilflosen…!“ Und so wird der Bezug zum eigenen Leben nicht immer ersichtlich, und die Lektüre plätschert dahin.
Wie es auch anders gehen kann, zeigt zum Beispiel das Buch von Pater Karl Wallner („Wer glaubt, wird selig“), in dem ein Mönch nicht nur aus der Ich-Perspektive vom eigenen monastischen Leben erzählt, sondern mit dem Leser direkt in einen Dialog tritt und ihm gute Ratschläge für ein – glücklicheres und bewussteres Leben gibt.
Autor: Peter Bubmann, Bernhard Sill
Titel: „Christliche Lebenskunst“
Gebundene Ausgabe: 388 Seiten
Verlag: Pustet, Regensburg
ISBN-10: 3791721402
ISBN-13: 978-3791721408
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