Wolf-Rüdiger Osburg: „Hineingeworfen – Der Erste Weltkrieg in den Erinnerungen seiner Teilnehmer“
Am: | September 22, 2009
Der Zweite Weltkrieg forderte zwischen 55 und 60 Millionen Menschenleben, der Erste Weltkrieg „nur“ 17 Millionen. Und im Vergleich zum Zweiten Weltkrieg scheint der Erste Weltkrieg als der kleine Bruder und als weniger grausam. Aber kann man Grausamkeit überhaupt steigern?
Genau betrachtet, ist der Erste Weltkrieg für die Opfer vielleicht sogar noch grauenhafter gewesen als der Bombenkrieg zwischen 1939 und 1945. Denn im Ersten Weltkrieg ging man wirklich noch direkt aufeinander los. Da kämpfte Kavallerie gegen Panzer, da setzte man Giftgas gegen Bajonette ein, und die Perversion des Krieges kam noch deutlicher zum Vorschein als in dem Zweiten, schon technokratischeren und instrumentalisierteren Weltkrieg.
Wolf-Rüdiger Osburg ist Verleger und Inhaber des gleichnamigen Osburg-Verlages. Dies ist sein erstes Buch. Es erschien erstmals im Jahr 2000 unter dem Titel „Und plötzlich bist du mitten im Krieg“ in der Aschendorffschen Verlagsbuchhandlung und wurde für diese Neuausgabe noch einmal komplett überarbeitet.
Mit der Unterstützung durch Gerd Krumeich, Professor für Neuere Geschichte an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, hat der Autor ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte ins Licht des öffentlichen Interesses gerückt, das drohte, in Vergessenheit zu geraten.
Zu sehr stehen der Schrecken des Zweiten Weltkriegs und die während seiner Zeit von Deutschen begangenen Greueltaten im Vordergrund, als dass der Erste Weltkrieg in den Medien und den Schulbüchern die nötige Beachtung fände. Doch im Ersten Weltkrieg hat die Alte Welt wirklich endgültig ihre Unschuld verloren. Angesichts der millionenfachen Vernichtung menschlichen Lebens wirken alle früheren Kolonialkriege und Landeskriege zwischen benachbarten und verfeindeten Mächten im Vergleich zu diesen vier Jahren am Anfang des 20. Jahrhunderts wie bedeutungslose Scharmützel.
Die Erinnerung an die Jahre 1914 bis 1918 wird nun dank Osburgs Recherchen in Originalaussagen seiner Teilnehmer wach gehalten. Die Menschen selbst, die den Ersten Weltkrieg bewusst am eigenen Leib miterlebt haben, leben natürlich nicht mehr. Aber ihre Erinnerungen an diese traumatische Zeit des Umbruchs sind in unzähligen Briefen und anderen Aufzeichnungen erhalten geblieben.
Der vorliegende Band „Hineingeworfen“ dokumentiert den Schrecken des Ersten Weltkrieges anhand von Originaldokumenten und Augenzeugenberichten. Auf über 520 Seiten wird der Krieg von seinen Anfängen bis zum bitteren Ende im Jahre 1918 in seinen Auswirkungen auf den Einzelnen beschrieben.
Osburgs Buch erinnert mit seinem Versuch einer Rekonstruktion der Wirklichkeit an Walter Kempowskis mehrteiliges Großprojekt „Echolot“, der Collage aus Tagebuch-Aufzeichnungen und Augenzeugen-Berichten zu Stichtagen des Zweiten Weltkrieges. Und in der Tat ist dieses Buch auch eine Art „kollektives Tagebuch“ der schrecklichen Ereignisse des Ersten Weltkriegs.
Dieses Buch macht Geschichte anschaulich. Der Schrecken des Krieges wird somit auch für uns Nachgeborene greifbar. Dieses Buch gehört in den Lehrplan des Geschichts-Unterrichts, in jede öffentliche Bücherei und auf den Tisch jedes an deutscher Geschichte interessierten Lesers. Es wird künftig zu den Standardwerken über die Zeit des Ersten Weltkriegs zählen.
Autor: Wolf-Rüdiger Osburg
Titel: „Hineingeworfen – Der Erste Weltkrieg in den Erinnerungen seiner Teilnehmer“
Gebundene Ausgabe: 528 Seiten
Verlag: Osburg Verlag
ISBN-10: 3940731307
ISBN-13: 978-3940731302
Tags: augenzeuge > buch erster weltkrieg > deutschland > dokumentation > erster weltkrieg > erster weltkrieg osburg buch > Geschichte > krieg > original > osburg weltkrieg kritik > politik > rezension osburg hineingeworfen > tagebuch > zeitzeuge