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Colette: „Vom Glück des Umziehens“

Am: | April 11, 2025

Sidonie-Gabrielle Colette, bekannt als Colette, war eine der bedeutendsten französischen Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts. Ihr Leben war geprägt von literarischem Schaffen, künstlerischer Vielfalt und zahlreichen Ortswechseln, die sowohl freiwillig als auch unfreiwillig erfolgten. Diese Umzüge spiegeln die verschiedenen Phasen ihres bewegten Lebens wider und beeinflussten maßgeblich ihr Werk.

Colette wurde am 28. Januar 1873 in Saint-Sauveur-en-Puisaye, einem Dorf im Burgund, geboren. Sie wuchs als jüngstes von vier Geschwistern auf. Ihr Vater, Jules-Joseph Colette, war ein ehemaliger Offizier und Steuereinnehmer, der aufgrund einer Kriegsverletzung aus dem aktiven Dienst ausschied. Ihre Mutter, Adèle Eugénie Sidonie, genannt „Sido“, spielte eine zentrale Rolle in Colettes Leben und förderte früh ihre literarischen Neigungen. Die enge Beziehung zu ihrer Mutter spiegelte sich später in vielen ihrer Werke wider.

1889 lernte Colette während eines Aufenthalts in Paris den Schriftsteller und Kritiker Henry Gauthier-Villars, bekannt unter dem Pseudonym „Willy“, kennen. Die beiden heirateten 1893, und Colette zog von ihrem Heimatdorf nach Paris, was einen bedeutenden Wandel in ihrem Leben darstellte. Unter Willys Namen verfasste sie zwischen 1900 und 1903 die berühmte Claudine-Serie, die auf ihren eigenen Jugenderfahrungen basierte. Diese Romane wurden äußerst populär, doch Colette erhielt zunächst keine Anerkennung als Autorin, da die Werke unter dem Namen ihres Mannes veröffentlicht wurden. Die Ehe war von Willys Untreue geprägt, was schließlich 1906 zur Trennung und 1910 zur Scheidung führte.

Nach der Trennung von Willy begann Colette ein neues Kapitel in ihrem Leben. Sie trat als Varietékünstlerin auf und tourte durch Frankreich, was sie an verschiedene Orte führte. Während dieser Zeit lebte sie in verschiedenen Städten und lernte neue Kreise kennen. Sie hatte Beziehungen zu Frauen, darunter die amerikanische Schriftstellerin Natalie Clifford Barney und die Adelige Mathilde de Morny, bekannt als „Missy“. Mit Missy trat sie 1907 in der Pantomime „Rêve d’Égypte“ im Moulin Rouge auf, was aufgrund eines Bühnenkusses zwischen den beiden Frauen einen Skandal auslöste und zur Absetzung des Stücks führte.

1912 heiratete Colette den Journalisten Henry de Jouvenel, Chefredakteur der Zeitung Le Matin. Das Paar lebte zunächst in Paris, zog jedoch während des Ersten Weltkriegs in das Schloss Castel-Novel in Varetz bei Brive-la-Gaillarde, das der Familie Jouvenel gehörte. Hier verbrachte Colette viel Zeit und schrieb einige ihrer bedeutendsten Werke. 1913 wurde ihre Tochter Colette Renée de Jouvenel geboren. Während dieser Ehe hatte Colette eine Affäre mit ihrem Stiefsohn Bertrand de Jouvenel, was zur Entfremdung und schließlich 1923 zur Scheidung führte.

In dieser Phase ihres Lebens etablierte sich Colette als anerkannte Schriftstellerin. 1910 veröffentlichte sie La Vagabonde, einen Roman, der auf ihren eigenen Erfahrungen als Varietékünstlerin basierte und für den Prix Goncourt nominiert wurde. 1920 erschien „Chéri“, eine Geschichte über die Beziehung zwischen einer älteren Frau und einem jüngeren Mann, die als eines ihrer Meisterwerke gilt.

1925 lernte Colette den jüdischen Perlenhändler Maurice Goudeket kennen. Die beiden heirateten 1935 und lebten hauptsächlich in Paris. Während des Zweiten Weltkriegs wurde Goudeket 1941 von den deutschen Besatzern verhaftet, jedoch auf Colettes Intervention hin wieder freigelassen. In dieser Zeit war Colette aufgrund einer Hüftgelenksarthrose zunehmend immobil und verbrachte die letzten Jahre ihres Lebens weitgehend in ihrer Pariser Wohnung mit Blick auf den Palais Royal.

Trotz gesundheitlicher Einschränkungen setzte Colette ihr schriftstellerisches Schaffen fort. 1944 veröffentlichte sie Gigi, eine Novelle über ein junges Mädchen, das zur Kurtisane ausgebildet wird, sich jedoch für die Liebe entscheidet. Dieses Werk wurde später erfolgreich verfilmt und als Musical adaptiert.

Colette verstarb am 3. August 1954 in Paris. Als erste Frau in Frankreich erhielt sie ein Staatsbegräbnis, was die Bedeutung ihres Beitrags zur französischen Literatur unterstreicht.

Colette führte ein außergewöhnliches Leben, das von zahlreichen Ortswechseln und Neuanfängen geprägt war. Ihre Umzüge – von ihrem Heimatdorf nach Paris, von den Bühnen Frankreichs nach Castel-Novel und schließlich zurück nach Paris – spiegeln die verschiedenen Phasen ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung wider. Diese Erfahrungen flossen in ihr umfangreiches Werk ein, das bis heute Leserinnen und Leser weltweit fasziniert.

Das vorliegende Buch bündelt nun erstmals in deutscher Übersetzung die autobiografischen Texte zum Lebensthema des Umziehens; Colette beschreibt ihre persönlichen Erlebnisse und erzählt von den Herausforderungen, Fügungen und Problemen, aber auch von den Chancen, die sich durch die zahlreichen — freiwilligen und unfreiwilligen — Ortswechsel in ihrem bewegten Leben ergeben haben. Es ist ein unterhaltsames und ehrliches Buch, dessen Lektüre deutlich macht, dass Veränderungen nichts Schlimmes sind, sondern ganz im Gegenteil immer auch neue und ungeahnte Möglichkeiten eröffnen können.

 

 

 

Autor: Colette
Titel: „Vom Glück des Umziehens“
Herausgeber: Unionsverlag
Gebundene Ausgabe: 128 Seiten
ISBN-10: 3293006280
ISBN-13: 978-3293006287

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