Zeinab Badawi: „Eine afrikanische Geschichte Afrikas — Vom Ursprung der Menschheit bis zur Unabhängigkeit“
Am: | Juni 13, 2024
Der afrikanische Kontinent ist die „Wiege der Menschheit“ und ein territoriales Gebilde von derzeit 55 Nationalstaaten, in denen ca. 1,4 Milliarden Menschen leben. Afrika nimmt etwa 20 Prozent der Landfläche unseres Planeten ein. — Wie will man die Geschichte Afrikas in einem einzigen Buch erzählen? Ist solch ein Versuch nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt?!
Wer ein Sachbuch schreiben will, muss sich im Klaren darüber sein, dass sie oder er niemals alle Facetten eines Themas vollständig und vollumfänglich erfassen kann: Ein Thema muss eingegrenzt, eine Auswahl getroffen und eine Erzählperspektive gefunden werden, die mit einer entsprechenden Gliederung den gesamten Stoff in eine sinnvolle Ordnung bringt und in einem angemessenen Umfang präsentiert.
Eine Geschichte des afrikanischen Kontinents zu schreiben, ist eine echte Herausforderung: Wo fängt man an? Was muss unbedingt erzählt werden? Was darf man straff zusammenfassen oder gar weglassen? Welche Erwartungen der Leserschaft müssen erfüllt werden und welche nicht? Für wen schreibt man eine solche afrikanische Kontinentalgeschichte?
Zeinab Badawi, die Autorin dieses mutigen Großprojekts, ist eine preisgekrönte Rundfunksprecherin, Journalistin und Filmemacherin. Neben ihrer Arbeit in den Medien beschäftigt sie sich intensiv mit Afrika und Geschichte. Sie wurde im Sudan geboren und hat eine BBC-Sendung über die Geschichte Afrikas moderiert, die auf YouTube über 20 Millionen Aufrufe für alle Episoden verzeichnet.
Derzeit ist Zeinab Badawi Präsidentin der SOAS University (eine der weltweit führenden Institutionen für das Studium Asiens, Afrikas und des Nahen Ostens); zuvor war sie Vorsitzende der Royal African Society und Schirmherrin der Africa-Europe Foundation. Sie hat in Oxford studiert und einen Master (mit Auszeichnung) in Geschichte und Anthropologie sowie zahlreiche Ehrendoktorwürden erworben. „Eine afrikanische Geschichte Afrikas“ ist ihr erstes Buch.
Der Titel des Buches — „Eine afrikanische Geschichte Afrikas“ — verdeutlicht die Besonderheit dieser 500 Seiten starken Publikation: Badawis Buch ist der (gelungene) Versuch, die alte, westlich und weiß geprägte Sicht auf den „schwarzen Kontinent“ zu überwinden und die „imperiale Geschichtsschreibung“ hinter sich zu lassen. Die Geschichte Afrikas von innen, also aus einer afrikanischen Perspektive zu erzählen, erfüllt erstmals den Anspruch moderner Geschichtsschreibungen, die einen post-imperialen Blick auf die Welt ebenso fordern wie eine gender-neutrale Erzählung der Vergangenheit.
Über sieben Jahre hinweg hat die Autorin für dieses Projekt über 30 afrikanische Länder besucht und mit Menschen aus diesen Ländern gesprochen, um einen unverstellten und objektiven Blick auf die unterschiedlichen afrikanischen Kulturen zu erlangen. Das Ergebnis ist eine multiperspektivische und polyzentrische Historiographie des afrikanischen Kontinents. Es ist der Autorin gelungen, den für eine möglichst objektive Erzählung notwendigen distanzierten Blick der Historikerin/Erzählerin mit der Innen-Perspektive der Afrikanerin zu verknüpfen.
Zwei weitere Perspektiven dieses fulminanten Geschichtsbuches verbinden den westlichen Blick auf Afrika mit dem afrikanischen Blick auf den Westen, was natürlich vor allem für die westliche Leserschaft interessant ist, für die dieses Buch wohl auch in erster Linie geschrieben sein dürfte. Unser Blick auf Afrika, der Blick des Westens (oder besser: des Nordens) auf den Süden ist nach wie vor eine von kolonialen Denkweisen geprägte Perspektive. Das „arme Afrika“, dem mit Entwicklungshilfe geholfen werden muss, ist natürlich vor allem arm (geworden) durch die Kolonialzeit und deren Nachwirkungen bis in unsere Gegenwart hinein. Wenn sich heute China und Russland in Afrika „engagieren“, indem sie in große Infrastruktur-Projekte investieren oder bei der Erschließung von Rohstoff-Vorkommen „helfen“, so tun diese Länder auf eine moderne Art nichts Anderes als seinerzeit die Kolonialmächte, die sich den Kontinent untereinander aufgeteilt hatten. Es geht immer noch um die Schaffung von Abhängigkeiten und um Ausbeutung, wenn auch nicht mehr so blutig und grausam wie in den vorigen Jahrhunderten.
Zeinab Badawis Afrika-Buch ist eine hochinteressante Lektüre, nicht zuletzt, weil sie uns auf einen Kontinent entführt, von dessen kultureller Vielfalt und Geschichte die meisten von uns keine Ahnung haben. „Eine afrikanische Geschichte Afrikas“ eröffnet den Blick in eine weitgehend unbekannte Welt und lädt ein zu einer Reise durch Zeit und Raum bis zurück zu den Anfängen der Menschheitsgeschichte.
Wie bei einer Frau aus der Medienwelt nicht anders zu erwarten, wird die bunte Geschichte des afrikanischen Kontinents packend erzählt und immer wieder mit der eigenen Erlebniswelt der Leser verknüpft, so dass die 500 Seiten schneller durchgelesen sind, als man erwarten würde.
„Eine afrikanische Geschichte Afrikas“ ist eine spannende Lektüre, die uns den afrikanischen Kontinent von einer ganz neuen und faszinierenden Seite präsentiert.s
Autor: Zeinab Badawi
Titel: „Eine afrikanische Geschichte Afrikas — Vom Ursprung der Menschheit bis zur Unabhängigkeit“
Herausgeber: Piper
Gebundene Ausgabe: 512 Seiten
ISBN-10: 3492072682
ISBN-13: 978-3492072687
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