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Rezensionen von Büchern aus den Kultur- und Geisteswissenschaften

Andreas Neuenkirchen: „Kann man sagen, muss man aber nicht – Die größten Sprachaufreger im Deutschen“

Am: | Juni 28, 2021

Ist Ihr Wording veraltet? Sind Sie proaktiv, aber Sie tun sich schwer damit, mit den Kids auf Augenhöhe zu sprechen? Vielleicht liegt es ja an Ihrem Alter, dass Sie nicht mehr richtig performen! Spätestens dann sollten Sie sich mal kurzschließen mit Leuten aus der Szene. Die können Ihnen schnell ein Update geben und Ihren Speech liften. Am Besten connecten Sie einen dieser coolen Hipster, die im Prenzelberg herumlaufen! Fangen Sie ihn vorm Späti ab und fragen Sie ihn ganz ergebnisoffen nach seiner geschätzten Meinung. Klar, dass er als Entscheider Entscheidendes zu sagen hat — es sei denn, er hat sich im Laufe der Jahre zu viel schlechtes Zeug reingezogen und sein Hirn gesundgeschrumpft. Das wäre natürlich ein ungewollter Kollateralschaden seiner hippen Lebensweise, aber Sie werden es schon merken, wenn Sie ihn meeten. (…)

Wir schreiben das Jahr 2021. Jahr Eins nach der coronatischen Zeitenwende. Es gibt vieles, worüber man sich aufregen könnte, und vieles, worüber sich aufzuregen nicht lohnt. Aber bei Sprache vielen gehen Pferde die durch! — Hä?!?

Andreas Neuenkirchen empfindet sich nicht als Sprachpolizist, aber sein überaus humorvolles und wundervoll leicht geschriebenes kleines Wörterbuch der „größten Sprachaufreger im Deutschen“ wird Ihren Blutdruck auf ungeahnte Höhen treiben — falls Sie als Hypotoniker eine kleine Auffrischung gebrauchen sollten. Für Menschen mit Bluthochdruck ist die Lektüre am ehesten im Bett kurz vor dem Einschlafen zu empfehlen. Ansonsten kann man für nichts garantieren.

Denn die Lektüre wird Ihnen nicht nur oft die Lachtränen in die Augen treiben, sondern manchmal auch ein bitteres und heiseres Har-Har-Har entlocken. Je länger man liest, desto weniger sicher bewegt man sich auf öffentlichem Parkett. Damit hätte der Autor schon viel erreicht: Man wird mit der Zeit (der fortschreitenden Lektüre) immer vorsichtiger und drückt sich wieder gewählter aus.

Falls Ihnen der Name Pierre Bourdieu etwas sagt: Sprache ist eine Form der Distinktion, sie ist ein körpergebundenes kulturelles Kapital. Und wie andere Kapitalformen, so sollte man auch die eigene Sprache als ein wertvolles Gut hüten und pflegen.

„Kann man sagen, muss man aber nicht“ ist eine weitere Publikation aus dem Dudenverlag, der sich in allen Belangen um den Erhalt und die Pflege der deutschen Sprache bemüht. Das Verlagsprogramm ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen und hat sich hübsch diversifiziert. Unter Anderem ist auch diese kleine Reihe zu aktuellen Themen entstanden, die sich mit ihren sprachbezogenen und leicht zu lesenden Textsammlungen an ein breites Publikum wendet, welche diese fröhliche Verbindung von Spaß und Lernen schätzt.

Auch der vorliegende Titel fällt in diese Sparte von unterhaltsamen Büchern, die man entweder von Anfang bis Ende oder auch ganz arbiträr goutieren kann. Man kann sich von einem lexikalischen Eintrag zum nächsten hangeln, man kann gezielt auf die Suche gehen oder sich einfach treiben lassen. Das Ergebnis ist immer eine angenehme und lehrreiche Lektüre!

 

 

Autor: Andreas Neuenkirchen
Titel: „Kann man sagen, muss man aber nicht – Die größten Sprachaufreger im Deutschen“
Herausgeber: ‎ Duden
Taschenbuch: ‎ 144 Seiten
ISBN-10: 341174023X
ISBN-13: 978-3411740239

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