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Rezensionen von Büchern aus den Kultur- und Geisteswissenschaften

Géza von Cziffra: „Das Romanische Café“

Am: | September 8, 2020

1923 kam der im ungarischen Arad geborene Géza von Cziffra über Budapest und Wien nach Berlin. Es war die Zeit der Hyperinflation, und Cziffra arbeitete zunächst als Zeitungsredakteur, später auch als Regieassistent und Drehbuchautor. Schnell wurde er ein Stammgast im legendären Romanischen Café, gegenüber der Gedächtniskirche. Hier traf sich die Künstlerszene Berlins, vor allem die schreibende Zunft hatte hier ihren „Stammsitz“, aber auch viele Intellektuelle zählten zu den regelmäßigen Gästen.

Betrat man das Café durch die Drehtür, so teilte sich das Etablissement in zwei Bereiche: links im kleineren Bereich trafen sich die „Schwimmer“, die Arrivierten und Etablierten, während der größere, rechts gelegene Raum für die zahlreicheren „Nichtschwimmer“ reserviert war — also für alle anderen Besucher inklusive jener, die noch nicht zu den Stammgästen gehörten. Unter jenen Gästen befanden sich teilweise abenteuerliche Gestalten, angefangen von jungen Künstlern mit durchaus bürgerlichen Ambitionen über Mitgliedern der Berliner Bohème bis hin zu antibürgerlichen Existenzen aus linken und anarchistischen Kreisen.

Géza von Cziffra blieb bis 1933 in Berlin, und so blieb er auch über die ganzen 1920er Jahre bis zum Ende der Weimarer Republik Stammgast im „Romanischen“, wie man das Café auch liebevoll nannte. Als aufmerksamer Zuhörer und Beobachter hatte er also genügend Zeit, um eine Fülle von Anekdoten zu sammeln.

In einer seiner Texte erzählt er von einem Stammgast, der sich oft in einem kleinen Büchlein Notizen machte; der Herr sammelte Anekdoten. Da sein Name zufälligerweise Dr. Erich Doter lautete, bekam er schnell den Spitznamen „Anekdoterich“. — Ein solcher „Anekdoterich“ ist aber auch Géza von Cziffra selbst!

Alle Texte in diesem hübschen Taschenbüchlein stammen aus der bereits 1981 erschienenen Anekdotensammlung „Der Kuh im Kaffeehaus“; ja, der Kuh und nicht die Kuh, denn es ist die Rede von Anton Kuh, einem österreichischen Vortragskünstler, Journalisten und Essayisten, der ebenfalls Stammgast im Romanischen Café war.

Es ist dem Berliner bebra-Verlag zu verdanken, dass wir nun endlich wieder zumindest einen Teil dieses umfangreichen Anekdoten-Schatzes in den Händen halten dürfen! Lesen Sie dieses unterhaltsame Büchlein und tauchen Sie ab in die Berliner Kaffeehaus-Welt der Zwanziger Jahre!

Autor: Géza von Cziffra
Titel: „Das Romanische Café“
Taschenbuch : 144 Seiten
ISBN-10: 3898091643
ISBN-13: 978-3898091640

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