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Rezensionen von Büchern aus den Kultur- und Geisteswissenschaften

Alfred Weidinger, Mona Horncastle: „Gustav Klimt — Die Biografie“

Am: | Juni 29, 2018

2018 ist Klimt-Jahr: Am 6. Februar 1918 starb der weltberühmte Maler in Wien. Zahlreiche Anekdoten ranken sich seit jeher um das Leben und Werk von Gustav Klimt. Wie das nun einmal mit Anekdoten der Fall ist, entsprechen sie nicht immer (und manchmal nur in den seltensten Fällen) der Wahrheit. Daher haben sich Alfred Weidinger und Mona Horncastle dazu entschieden, im „Klimt-Jahr“ 2018 dieses falsche Klimt-Bild zu korrigieren und unter Heranziehung aktueller Forschungsergebnisse eine Biografie zu schreiben, die einen neuen und wissenschaftlich gesicherten Blick auf den Maler und Menschen Gustav Klimt wirft.

Das sehr gediegen wirkende und mit einem gelben Schnitt als Hardcover im Brandstätter-Verlag erschienene Buch verspricht zunächst eine umfangreiche Lektüre von mehreren hundert Seiten; doch erfreulicherweise entspricht die Papierqualität dem hochwertigen Inhalt, das Papier ist dick und die Biografie nur 268 Seiten dick — zuzüglich eines umfangreichen Anhangs.

Das Buch bietet einen sehr gut lesbaren Text und ist mit vielen Illustrationen und Fotografien sowie einigen schönen Reproduktionen aus dem Oeuvre Gustav Klimts geschmückt. Es handelt sich also um eine schön gestaltete und sehr ansprechend gestaltete Künstler-Biografie auf aktuellem Wissensstand.

Eine Korrektur des öffentlichen Bildes von Gustav Klimt ist dringend nötig, denn immer noch gilt er als Weiberheld und frauenverachtender Egozentriker. Nichts wäre falscher. Angesichts der patriarchalen Tendenzen des Fin de Siècle waren Klimts emanzipatorische Ansichten gegenüber den Frauen geradezu revolutionär.

Ebenso wandte sich Klimt schon früh den gehobenen Kreisen des jüdischen Bürgertums zu, was ihm vonseiten seiner Künstlerfreunde einige Kritik einbrachte. Konservative und antijüdische Strömungen waren seinerzeit in der Wiener Gesellschaft an der Tagesordnung. Dass Klimt auf seinen Portraits das jüdische Bürgertum malte, galt als skandalös.

Die vorliegende Biografie zeichnet ein sehr persönliches und umfassendes Bild dieses faszinierenden Künstlers aus der Zeit der Jahrhundertwende. Im Rückgriff auf bislang unerschlossene Quellen und unter Einbeziehung neuester Forschungsergebnisse verstehen es die beiden Autoren, den Leser für diesen Ausnahmekünstler zu begeistern. Ihre anschaulichen und fachübergreifenden Beschreibungen der gesellschaftlichen, künstlerischen und sozialen Tendenzen lassen die Wiener Gesellschaft um 1900 lebendig werden und verknüpfen diese mit dem Leben und Werk von Gustav Klimt als einer ihrer zentralen Akteure.

Gustav Klimt — Die Biografie ist nicht nur für die Bewunderer von Klimts künstlerischem Werk eine Pflichtlektüre, sondern das Buch ist auch für jeden geeignet, der sich ein umfassendes Bild der Wiener Zeit um 1900 in ihren zahllosen Facetten machen möchte. Und auch wer sich bislang noch nicht so recht für Klimts Gemälde begeistern konnte, bekommt durch diese frisch geschriebene und den aktuellen Forschungsstand repräsentierende Biografie einen neuen Zugang zu Klimt und seinem Oeuvre.

 

 

Autor: Alfred Weidinger, Mona Horncastle
Titel: „Gustav Klimt — Die Biografie“
Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: Brandstätter Verlag
ISBN-10: 3710601924
ISBN-13: 978-3710601927

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