Susanne Schüssler, Linus Guggenberger (Hg.): „Berlin — Eine literarische Einladung“
Am: | Dezember 18, 2017
Wenn man sich als Literaturfreund auf den Besuch einer Stadt einstimmen will, so ist man stets mit den „literarischen Einladungen“ aus der Salto-Reihe des Wagenbach-Verlags gut beraten. Diese Empfehlung sollte umso mehr ihre Berechtigung haben, wenn es sich um eine Einladung nach Berlin, der Heimatstadt des Verlags, handelt.
So mag es nicht verwundern, dass sich schon auf den ersten Blick ins Inhaltsverzeichnis bewahrheitet, dass man hier alles aufgefahren hat, was sich im 20. Jahrhundert mit dieser Stadt und ihren Menschen literarisch beschäftigt hat. Angefangen mit Masha Kaléko und endend mit Fatma Aydemir und anderen zeitgenössischen Autoren, von denen die meisten, wie für diese Stadt üblich, nicht in Berlin geboren, sondern irgendwann zugereist und geblieben sind.
Es ist ein in kleiner Schrift eng bedrucktes Büchlein zustande gekommen, 142 Seiten dick, passend in jede Manteltasche. Ein Buch, das schon durch sein Titelbild Appetit macht auf die alte/neue deutsche Hauptstadt: ein an einen Schnappschuss von Henri Cartier-Bresson erinnerndes Schwarzweiß-Foto einer Pfütze auf dem nassen Asphalt, die Kugel des Fernsehturms und der untere Teil eines vorbeirauschenden Fahrrads sind zu sehen.
Die beiden Herausgeber haben gute Arbeit geleistet. Berlin-Literatur wird in Regalwänden gezählt, da fällt es schwer, eine vernünftige Auswahl zu treffen, ohne nach den üblichen verdächtigen zu greifen. Der Schwerpunkt dieser kleinen Berlin-Anthologie liegt zwar in der jüngeren Vergangenheit und der Gegenwart (was ja für eine Reise-Einladung durchaus Sinn macht), wobei auch Texte aufgenommen wurden, die sich mit charakteristischen Stationen der Berliner Geschichte des 20. Jahrhunderts beschäftigen. —
Masha Kaléko steuert ein hübsches Gedicht über die Bleibtreustraße bei; auch Günter Kunert, Heiner Müller, Uwe Johnson, Klaus Schlesinger, Günter Grass und Ingeborg Bachmann sind mit ihren Texten vertreten. Die Generation der in den 1960er Jahren geborenen Schriftsteller kommt mit Auszügen von Sven Regener, Tanja Dückers, Durs Grünbein, Ingo Schulze und vielen weiteren zu Wort; jüngere Autorinnen sind eher weniger vertreten, was die Aktualität der Texte jedoch keineswegs schmälert.
Das Büchlein ist nicht nur für Berlin-Freunde interessant, sondern auch für jeden Berliner! Denn im Spiegel dieser vielen literarischen Texte wird er seine Stadt und seinen Kiez mit neuen Augen sehen lernen. Warum in die ferne schweifen, das Gute liegt doch so nah! Und für alle Anderen gilt die Devise: Auf nach Berlin! Dieses schlanke Salto-Büchlein in die Tasche gesteckt, und schon geht´s los — in diese fabelhafte Stadt, die sich immer wieder neu erfindet und erfinden muss und die (wie wir seit Karl Scheffler wissen) dazu verdammt ist, „immerfort zu werden und niemals zu sein“.
Autor: Susanne Schüssler, Linus Guggenberger (Hg.)
Titel: „Berlin — Eine literarische Einladung“
Gebundene Ausgabe: 144 Seiten
Verlag: Wagenbach Verlag
ISBN-10: 3803113288
ISBN-13: 978-3803113283
Tags: berlin > Berlin — Eine literarische Einladung > christa wolf > durs grünbein > günter grass > günter kunert > ingeborg bachmann > ingo schulze > masha kaleko > Rezension Berlin — Eine literarische Einladung > Rezension Susanne Schüssler Berlin — Eine literarische Einladung > Rezension Susanne Schüssler Linus Guggenberger Berlin — Eine literarische Einladung > Susanne Schüssler Linus Guggenberger Berlin — Eine literarische Einladung > sven regener > ulrich peltzer