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Rezensionen von Büchern aus den Kultur- und Geisteswissenschaften

Zadie Smith: „Sinneswechsel – Gelegenheitsessays“

Am: | März 2, 2016

Mit ihrem Roman „Zähne zeigen“ wurde Zadie Smith 2001 über Nacht berühmt, das Buch wurde ein internationaler Erfolg und seine Autorin zu einer der größten Hoffnungen der jungen britischen Literatur.

Doch Zadie Smith, die 1975 in Nord-London geboren wurde und mittlerweile in New York lebt, schreibt nicht nur Romane und Kurzgeschichten, sondern auch Essays. Eine Auswahl der besten Essays ist jetzt endlich auf deutsch erschienen bei Kiepenheuer & Witsch. Die Übersetzerin Tanja Handels, die auch die Romane der Autorin ins Deutsche übersetzt hat, hat wieder einmal eine hervorragende Arbeit abgeliefert: Die deutsche Übersetzung lebt von demselben Tempo und Sprachwitz wie das englische Original.

Zadie Smith hat Englische Literatur in Cambridge studiert, und das merkt man den Essays auch an. Allein die Themenwahl lässt vermuten, dass hier eine Autorin schreibt, die weiß, wovon sie redet, um es mal möglichst verwirrend auszudrücken. Mit anderen Worten: Dieses Buch ist wirklich eine Überraschung! Dies sei allen gesagt, die — wie übrigens auch der Verfasser dieser Zeilen — Zadie Smith gedanklich in die Schublade „young brit lit“ gesteckt hat und entsprechend flapsig geschriebene und in ihrer Appellation leicht aufmüpfig wirkende Essays erwarten. Nein, hier bekommt man etwas völlig Anderes serviert:

Dieses Buch mit Essays, ich sagte es soeben, ist eine Überraschung, und zwar eine positive. Die Themen drehen sich in erster Linie um Literatur: um das Lesen und Schreiben, um E. M. Forster und „Middlemarch“ von George Eliot, um Kafka, Roland Barthes und Nabokov. Das alles ist sehr schön geschrieben, sehr fundiert und spannend zu lesen, auch wenn man vielleicht mit den Originalwerken, die hier behandelt werden, (noch) gar nicht in Berührung gekommen ist.

Doch etwa nach der Hälfte des Buches öffnet die Autorin eine neue Tür und gibt Einblicke in ihr Leben, ihr „Sein“, „Sehen“ und „Fühlen“, wie diese folgenden Abschnitte überschrieben sind. So geht es um eine Reise nach Liberia, um Beobachtungen während einer Oscar-Verleihung, aber auch um Familienfeiern und bewegende Momente. Diese familiären Passagen, in denen Smith von ihren Eltern erzählt, von ihrem sterbenskranken Vater und der lebenshungrigen Mutter, sind vielleicht die stärksten im ganzen Buch. Den Abschluss bildet ein Essay über und im Gedenken an David Foster Wallace.

Mit „Sinneswechsel“ lernen wir Zadie Smith von einer neuen Seite kennen. Ihre Essays zeugen von einer intensiven Beschäftigung mit sowohl literarischen, als auch künstlerischen, kulturellen und — bestimmt nicht zuletzt — auch mit menschlichen Themen. Die Texte, die zuvor nur auf englisch zu lesen waren, sind nicht nur unterhaltsam und lehrreich geschrieben, sondern machen auch Lust, wieder mal einen Roman der Autorin zur Hand zu nehmen. Zum Glück ist vor wenigen Jahren „London NW“ auf deutsch bei Kiepenheuer & Witsch erschienen. Doch zunächst lesen Sie bitte „Sinneswechsel“ von Zadie Smith! Sie werden dadurch schlauer und haben obendrein noch eine Menge Spaß!

 

Autor: Zadie Smith
Titel: Sinneswechsel – Essays
Gebundene Ausgabe: 480 Seiten
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
ISBN-10: 3462046586
ISBN-13: 978-3462046588

 

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